Wer gerne Sport treibt, sei es Ausdauersport wie Joggen oder Radfahren, aber auch Gewichtstraining im Fitnessstudio oder Yoga, mag dies am liebsten zu Musik tun. Wer zur körperlichen Aktivität gewöhnlich die Kopfhörer aufsetzt und seine liebste Playlist abspielt, wird zudem sicherlich bereits die psychologischen Effekte der Musik gespürt haben: man fühlt sich motivierter, oftmals verbessert sich die Laune wie auch der Laufrhythmus und gerade wenn sich am Ende Erschöpfung einstellt, mag einen ein toller Song nochmals pushen und frische Energie liefern die Laufrunde oder ein anstrengendes Workout abzuschließen. Verbessert Musik jedoch tatsächlich die körperliche Leistung? Dazu gibt es eine Reihe Studien mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen.
Wissenschaftler fanden beispielsweise heraus, dass es hierbei durchaus auf die Sportart ankommt. An der Universität von Verona führten Mediziner eine interessante Untersuchung durch und ließen Probanden sowohl Ausdauer- wie auch Krafttraining mit Musik betreiben. Eine nachweisbare, direkte Leistungssteigerung ergab sich dabei nur bei den Ausdauersportarten wie Laufen oder Radfahren, wobei sich vor allem Songs mit 170 bpm – also 170 Bassschlägen pro Minute – positiv auf die körperlichen Fähigkeiten auswirkten: sowohl bei längerem Training wie auch kürzerem, intensivem Intervalltraining fühlten sich die Probanden weniger angestrengt und zeigten bessere Ausdauer. Währen sich beim Krafttraining kein derartiger Effekt nachweisen ließ, wurde jedoch auch hier wenigstens eine Motivationssteigerung bei den Probanden festgestellt, wenn sie Musik mit ähnlich schnellen Beats anhörten.
Ob sich ein bestimmtes Genre besser auf die Leistungsfähigkeit auswirkt, ist schwerer nachzuweisen als der Effekt des Tempos, zumal psychologische Faktoren dabei ebenfalls berücksichtigt werden müssen: welche Assoziationen, Erinnerungen und Emotionen bestimmte Musikrichtungen oder Songs auslösen, ist sehr individuell und kann kaum verallgemeinert werden.
Fest steht, dass Musik beim Sport ein gewisses Flow-Erlebnis bewirkt und das Durchhaltungsvermögen dadurch auf psychischer Ebene verbessert. Gerade bei Hobbysportlern kann sie dazu beitragen, dass Müdigkeitsgefühl zu überwinden, nochmal Gas zu geben und dadurch bessere Leistungen zu erzielen. Eine Studie an der Brunel University in London wies nach, dass Probanden auf dem Laufband rund 15 Prozent länger durchhielten, wenn sie dabei bekannte Pop-Songs anhörten. Eine groß angelegte Studie mit über 3.600 Probanden in Australien belegte zudem, dass die Beats zu einer gleichmäßigeren Atmung führen können, was wiederum die Sauerstoffversorgung der Organe und Muskeln verbessert. Ein weiterer Faktor, der die sportliche Performance beim Musikhören beeinflusst ist die Ablenkung, die dadurch erzielt wird: die Beats im Ohr überdecken beispielsweise das Hören der eigenen angestrengten Atmung und lenken den Fokus weg vom erhöhten Puls und schnellerem Herzschlag. Wobei gleichzeitig zur Achtsamkeit zu raten ist, denn natürlich ist es wichtig bestimmte Warnsignale des Körpers beim Sport nicht zu ignorieren.
Spannend ist auch eine Analyse, inwieweit Musik die Performance eines Profisportlers beeinflussen kann. Der Faktor Motivation spielt hier eine weitaus geringere Rolle, Athleten haben in der Regel klare Leistungsziele vor Augen und bedürfen weniger äußeren Faktoren und Einflüssen, um das Beste zu geben und die letzte Kraft aus sich herauszuholen. Die Verbesserung der eigenen Zeit oder Ausdauer steht hier im Vordergrund, weshalb auch Musik eine weniger wichtige Rolle spielt. Profisportler gehen in der Regel stärker in sich, konzentrieren sich auf ihre Atmung und Gesichtspunkte wie optimierten Laufrhythmus und Form. Dennoch kann auch für sie Musik eine wichtige Rolle spielen, besonders vor einem Wettkampf, um die Nerven in Schach zu halten und ruhig zu bleiben. Wer Wetten abgeben möchte, welcher Athlet bei einem Turnier als Sieger hervorgeht, muss nicht nur dessen aktuelle Form in Betracht ziehen, sondern eben auch wie er mit dem Leistungsdruck und der psychologischen Belastung vor einem wichtigen Wettkampf umgeht. Musik, besonders gerade mit niedrigen BPM, kann beruhigen und die Vagotonie beeinflussen: Wissenschaftler bezeichnen dies als einen Zustand des vegetativen Nervensystems, in dem sich der Körper besonders auf Ruhe und Erholung konzentriert.
Beats zur Wettkampfeinstimmung
Und natürlich sind auch die bekannten Fußball-Stars oder olympischen Athleten nur Menschen, die mit bestimmten Liedern Erinnerungen und Emotionen verbinden, die wiederum ihre Gefühls- und Gedankenwelt beeinflussen. Der SRF erstellte seinerzeit eine Liste der Songs, die die Schweizer Olympia-Athleten direkt vor dem Wettkampf anhören, und darunter befinden sich nicht nur Songs, die entspannen, sondern eben auch anfeuern, wie Eminem vor dem Langlauf, Robbie Williams oder sogar Rammstein vor eine Curling-Wettkampf oder Coldplay vor dem Ski-Alpin Rennen. Viele Sportler schwören auch auf die rhythmischen und treibenden Songs von Depeche Mode.
Auch bei den Fußballern erstaunen oftmals deren Lieblings-Songs, die sie besonders anfeuern: Benedikt Höwedes liebt „Viva La Vida“ von Coldplay, Toni Kroos ist Fan der deutschen Pop-Band Pur, Marco Reus und Mario Götze setzen unter anderem sogar auf Justin Bieber, um sich mit dessen Ohrwürmern anzufeuern.
Mit Musik beim Sport liegt man sicherlich nie falsch, lediglich sollte man die Playlist oftmals wechseln, damit sich kein Gewöhnungseffekt einstellt. Schnellere Beats spornen an, langsamere beruhigen und sind zum Stretching danach gut geeignet. Besonders aber empfiehlt es sich Songs zu wählen, die auch eine emotionale Wirkung auslösen – sei es durch den Text, durch Erinnerungen, die man damit verbindet oder einen Beat, der einem unter die Haut geht.