REZENSION

Neon Electronics „Apollo“

Neon Electronics „Apollo“

Rezension

Album // DanceDelic-D

Seit Dirk Da Davo letztmals die Straße zur Freiheit beschritt, sind gut vier Jahre ins Land gezogen. Wohin die Road To Freedom ihn führen würde, stand zum Zeitpunkt des Erscheinens des schlicht NE genannten 2015er-Albums von Neon Electronics, auf dem der eingangs erwähnte Song enthalten ist, noch in den Sternen. Nach den Sternen zu greifen, damit kennt Da Davo sich allerdings aus, denn ehrgeizige Ziele setzt er sich seit Jahrzehnten.

Der Belgier, der 1981 – zusammen mit TB Frank – The Neon Judgement gründete, gehört zu den Pionieren der elektronischen Tanzmusik, doch im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen waren Gitarren für ihn nie ein rotes Tuch. Da Davo ist kein strenger Purist. Sequencer und Stromgitarren miteinander in Einklang zu bringen, ist für ihn kein Sakrileg, sondern eine Herausforderung, der er sich stellt – sofern ihm gerade danach ist.

Kurz vor der Jahrtausendwende rief er Neon Electronics ins Leben, ein Projekt, das diesen Ansatz nahtlos fortsetzt. Tanzbare elektronische Musik zu erschaffen, ohne sich auf Genres wie Techno oder House zu kaprizieren, das war der Grundgedanke, die Leitidee, der sich Da Davo noch immer verpflichtet fühlt. Seine Tracks transportieren nicht nur Stimmungen, sie sollen auch zum Nachdenken anregen. Sie sind zukunftsorientiert, nicht rückwärtsgewandt.

Es wird immer weitergehen

Musik als Träger von Ideen. Hätten nicht Kraftwerk einst dieses Motto erfunden, hätte es möglicherweise Da Davo getan. Er gehört jedenfalls nicht zum Kreis jener pessimistischen Bedenkenträger, deren einziges, bemitleidenswertes Vergnügen darin besteht, anderen einzureden, dass deren Träume lediglich Schäume seien – ganz im Gegenteil. Follow Your Dreams heißt eines der neuen Stücke von Neon Electronics und auf der Facebookseite des Projekts wird der visionäre Schriftsteller George Orwell als Einflussgeber genannt. Selbst wenn letzteres nicht bierernst gemeint sein sollte, was sehr gut möglich ist: Es passt ins Bild. Genauso wie der Name des neuen Neon-Electronics-Albums, Apollo, das Da Davo mit Radical G und Pieter Jan-Theunis aufgenommen hat.

Eine unmittelbare Hommage an den aus der antiken Mythologie bekannten Gott des Lichts ist der Albumtitel ausdrücklich nicht, es wird vielmehr das weltbekannte Raumfahrtprogramm der NASA aufgegriffen. In Mondriaan sind Auszüge des Originalkommentars von Jack King zu hören, dem Sprecher des Countdowns der 1969 gestarteten Apollo-11-Mission, die zur ersten bemannten Mondlandung der Menschheitsgeschichte führte.

So weltbewegend wie jenes Ereignis ist das jüngste Werk von Neon Electronics naturgemäß nicht – wie könnte es das jemals sein? – doch es ist hörenswert und dank einer 2018er-Liversion des The-Neon-Judgement-Klassikers TV Treated kommen auch Freunde des Nostalgischen nicht zu kurz. The fashion party's over, daran ist nicht zu rütteln, und Neon Electronics werden auch künftig nicht auf jeder Hochzeit tanzen. Nichtsdestotrotz bietet Apollo mehr als genug Anreize zum Feiern. (Kai Reinbold)


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