REZENSION

Das Mörtal „Miami Beach Witches“

Das Mörtal „Miami Beach Witches“

Rezension

Album // Lisbon Lux

Warum sind die 80er-Jahre zwanzig Jahre nach dem Ende des 20. Jahrhunderts eigentlich noch immer so beliebt? Sie hatten doch vor zwanzig Jahren schon bis zu zwanzig Jahre auf dem Buckel. Wer jetzt überlegt, was er damals so alles getrieben hat – und mit wem – der kennt die Antwort auf diese Frage.

Warme Erinnerungen an die verloren gegangene Jugend heraufzubeschwören, lässt die Midlife-Crisis nun mal erträglicher erscheinen. Und es ist günstiger, als sich alle paar Jahre einen neuen Sportwagen zu kaufen, nur um ihn anschließend womöglich zu Schrott zu fahren. Es tröstet auch über so manche Falte im Gesicht, über so manche Charakterschwäche hinweg. Aber was steckt sonst noch dahinter?

Die 80er waren auch eine Zeit der Auf- und Umbrüche. Gesellschaftlich, politisch, kulturell und musikalisch. Filme und Songs von damals werden heute selbst von Menschen geschätzt, die seinerzeit gar nicht dabei waren. Die Mischung aus bunter Science-Fiction-Ästhetik, Aufbruch- und Weltuntergangsstimmung fasziniert. Filmemacher profitieren davon ebenso wie Musiker und andere Künstler. Netflix-Hits wie Stranger Things und Dark vermitteln zumindest eine vage Vorstellung von der mitreißenden Energie, die damals vielerorts herrschte.

Cristóbal Cortes aus Montréal ist einer, der sich davon inspirieren lässt. Auch die Bildsprache seines Mitte November erschienenen Clips It Comes erinnert an diese Serien. Das Mörtal heißt sein Projekt, das den New Wave der 80er mit zeitgenössischem Electro-Sound zu vereinen sucht. Die Artworks und der Klang seiner bisherigen Veröffentlichungen wecken Erinnerungen an Tron und Miami Vice, an Yello, Daft Punk und Erasure. Miami Beach Witches heißt sein neuestes Album, das Ende Oktober erschienen ist. Schon die beiden vorab veröffentlichten Songs Wicked Desires und The Void fügten sich irgendwo zwischen Vitalic, Junkie XL und Pet Shop Boys ein, die weiteren halten das gegebene Versprechen. Ob einem das gefällt oder nicht, interessant klingt es allemal. (Kai Reinbold)


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